Sehr geehrtAntragsteller/in
bezugnehmend auf Ihre neuerliche Anfrage kann Ihnen seitens des Bundesministerium für Inneres, Abteilung für Aufenthalts- und Staatsbürgerschaftswesen folgende Auskunft erteilt werden:
Wie auch bereits im E-Mail vom 30.10.2023 ausgeführt, sind EWR-Bürger:innen gemäß § 53 Abs 1 NAG aufgrund der Freizügigkeitsrichtlinie (EU-RL 2004/38/EG) zu einem Aufenthalt in Österreich von mehr als drei Monaten berechtigt, wenn sie in Österreich Arbeitnehmer oder Selbstständige sind (Z 1) oder für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen (Z 2), oder als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen (Z 3).
EWR-Bürger:innen haben, wenn sie sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten, dies binnen vier Monaten ab Einreise der Behörde anzuzeigen und die entsprechenden Nachweise (je nach zutreffender Ziffer) vorzulegen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen ist von der zuständigen Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde auf persönlichen Antrag eine Anmeldebescheinigung auszustellen.
Gemäß § 51 Abs. 3 NAG hat der:die EWR-Bürger:in die Umstände der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen, wie auch den Wegfall dieser bei der zuständigen NAG-Behörde bekanntzugeben. Das bedeutet, dass auch geänderte Umstände zu melden sind; also beispielsweise der Wechsel von „Arbeitnehmer“ (Z 1) zu „sonstige Angelegenheiten“ (Z 2). Ein neuer Antrag ist nicht erforderlich (sondern lediglich die Mitteilung gemäß § 51 Abs. 3 NAG)!
Erfolgt eine solche Mitteilung an die zuständige NAG-Behörde, so kann der Fortbestand der Voraussetzungen von der Behörde überprüft werden (§ 55 Abs. 2 NAG).
Unterbleibt eine Meldung, kann dies als Verwaltungsübertretung nach § 77 Abs. 1 Z 4 NAG geahndet werden.
Zur Voraussetzung der „ausreichenden Existenzmittel“ lässt sich ausführen, dass gemäß Art. 8 Abs. 4 EU-RL 2004/38/EG keine diesbezüglich festen Richtsätze bestimmt werden dürfen. Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vom 13. März 2007, Zl. 2006/18/0032 ergibt sich allerdings, dass zur Berechnung der ausreichenden Existenzmittel im Sinne des § 51 Abs. 1 Z. 2 NAG die Sozialhilferichtsätze als Orientierung herangezogen werden können. Am 1. Juni 2019 ist das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz in Kraft getreten, wurde jedoch noch nicht in allen Bundesländern umgesetzt. Bis zum Inkrafttreten der Ausführungsgesetze der (Bundes-)Länder sind nach wie vor die Leistungen aus der „Bedarfsorientierten Mindestsicherung“ (BMS) als Anhaltspunkt heranzuziehen. In Tirol beträgt die BMS für Alleinstehende im Jahr 2023 € 790,23. Die Prüfung der ausreichenden Existenzmittel ist stets eine Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung der jeweiligen wirtschaftlichen Situation des Antragstellers.
Nicht nur bei in Österreich abgeschlossenen Versicherungen ist ein „umfassender Krankenversicherungsschutz“ gegeben. Ein solcher kann auch über eine Versicherung des Heimatlandes (wie zB. Deutschland) gegeben sein.
Eine endgültige Beurteilung über die Eignung der Nachweise ausreichender Existenzmittel und eines umfassenden Krankenversicherungsschutzes iSd § 53 Abs.1 Z 2 NAG kann in erster Instanz nur durch eine zuständige Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde in einem entsprechenden Verfahren erfolgen.
Mit freundlichen Grüßen,