Sehr
geehrtAntragsteller/in
Bezüglich Ihrer Anfrage gemäß Auskunftspflichtgesetz dürfen wir wie folgt antworten.
1.) Welche Personengruppen konkret, (dh gesundheitliche Voraussetzungen oder sonst. Interessen) betrifft die Formulierung "berechtigtes Interesse", so dass andere Personen in deren Interesse zum Tragen einer FFP-2 Maske verpflichtet werden ?
COVID-19-Erkrankungen sind insbesondere für ältere Menschen<https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogruppen.html;jsessionid=F86DDF8E47C4F258A13A2D65BD5CE34F.internet062?nn=13490888> und Personen mit vorbestehenden Grunderkrankungen gefährlich[1]. Das Risiko einer schweren Erkrankung steigt ab dem Alter von 50-60 Jahren stetig an. Grunderkrankungen, wie Herzkreislauferkrankungen (z.B. ischämische Herzerkrankungen, Herzinsuffizienzen), Diabetes mellitus, Erkrankungen des Atmungssystems, der Leber, der Niere, Krebserkrankungen, Erkrankungen, die mit einer dauerhaften und relevanten Immunsuppression behandelt werden (z.B. Transplantationen, dauerhafte Kortisontherapie, HIV), oder Faktoren wie Adipositas erhöhen das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf. Bei älteren Menschen mit vorbestehenden Grunderkrankungen ist das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf höher als bei Vorliegen von nur einem Faktor (Alter oder Grunderkrankung). Wenn mehrere Grunderkrankungen vorliegen (Multimorbidität) ist das Risiko höher als bei nur einer Grunderkrankung[2]. Ebenso können Menschen mit körperlicher oder intellektueller Beeinträchtigung bzw. Behinderung aufgrund häufiger Komorbiditäten durch COVID-19 gesundheitlich gefährdet sein[3].
[1] ECDC (2022). Risk factors and risk groups.
https://www.ecdc.europa.eu/en/covid-19/… - Last update 21.01.2022
[1] RKI (2020). Informationen und Hilfestellungen für Personen mit einem höheren Risiko für einen schweren COVID-19-Krankheitsverlauf, Stand 29.10.2020.
https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/N…
[1] CDC (2021) Underlying Medical Conditions Associated with Higher Risk for Severe COVID-19: Information for Healthcare Providers.
https://www.cdc.gov/coronavirus/2019-nc…
2.) Wieviele Ansteckungscluster mit Covid gab es vom Beginn der Pandemie bis dato in Supermärkten?
Grundsätzlich unterliegt die Nachvollziehbarkeit der Fallabklärung bestimmten Limitationen, die aus den jeweiligen Eigenschaften der unterschiedlichen Übertragungssettings, wie etwa das Aufeinandertreffen einer Vielzahl unbekannter Personen oder einer hohen Fluktuation, resultieren. Dies führt dazu, dass der Anteil bestimmter Settings über- beziehungsweise unterrepräsentiert ist. Dieser Effekt verstärkt sich je höher die Infektionszahlen sind, aufgrund der daraus resultierenden Einschränkungen des Contact Tracings.
Da eine Quellen-Rückverfolgung zur Identifizierung des Fall-basierten Settings, in dem eine Infektionsübertragung erfolgte, aus Gründen des hohen Fallaufkommens (damit sind keine umfassenden Einzelfallbefragungen nach möglicher Quelle der Infektion möglich) und des prioritären Kontaktmanagements (kein vollständiges Erfassen der ansteckungsverdächtigen Kontaktpersonen) nicht sinnvoll durchführbar ist, wurde von der "aktiven Fall-basierten Surveillance des Transmissions-Setting" auf eine Cluster-Surveillance umgestellt, die gezielt auf epidemiologische relevante Settings wie Gemeinschaftseinrichtungen ausgerichtet ist (Bildungseinrichtungen, Kinder-Betreuungseinrichtung, Alten- und Pflegeheim, Behinderteneinrichtungen, Bettenführende Krankenanstalten, Reha/Kur-Anstalten, Justiz-Anstalt, Kloster, Wohnheime)
3.) Wieviele Personen mit Bezug zu Frage 1.) verfügen in Österreich über dieses "berechtigte Interesse" ? (Eine Gegenüberstellung der Fallzahlen zu den Zahlender Unbeteiligten ist zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit mMn unerlässlich)
Siehe Frage 1.
4.) Kann es im Sinne der Verhältnismäßigkeit, unter Beachtung der Einschränkung und gesundheitlichen Gefährdung Unbeteiligter durch die Verpflichtung zum Tragen der FFP-2 Maske, unter Einbeziehung der dzt Impfquote nicht zu erwarten sein, dass diese "
Personen mit berechtigtem Interesse" in erster Linie zuerst alle ihnen selbst zur Verfügung stehenden Maßnahmen zum Eigenschutz, wie Reduzierung der Kontakte, Impfung, Maskentragepflicht, ergreifen?
Gesichtsmasken gehören zu den einfachsten, am leichtesten einsetzbaren und effektivsten Maßnahmen gegen die Übertragung infektiöser Atemwegserkrankungen durch die Luft. Gemäß des aktuellen Wissensstandes[4] kann das Tragen von FFP2-Masken signifikant zur Verringerung des Transmissionsrisikos führen, vor allem in Innenräumen und in Settings, in denen kein Abstand gehalten werden kann. Gleichzeitig sind die berichteten Beschwerden meist zeitlich begrenzt, bedürfen in der Regel keiner Behandlung und treten nur bei einer Minderheit der Maske tragenden Personen auf. Anhaltende bzw. irreversible gesundheitliche Schäden verursacht durch das Tragen von Masken treten in der Regel nicht auf.
Das Infektionsrisiko in spezifischen Settings hängt von zahlreichen Faktoren ab, unter anderem von den Räumlichkeiten, von der Möglichkeit zu lüften, vom Kontaktverhalten, der Personendichte und den Eigenschaften der vorherrschenden Virusvariante. Das Infektionsrisiko im Handel entspricht in der Regel dem eines Innenraumsetting mit mitunter hoher Personendichte und aufgrund baulicher Gegebenheiten häufig schlechten Durchlüftungsmöglichkeiten, wodurch eine Ansammlung von virushältigem Aerosol begünstigt wird. Das Transmissions- bzw. Infektionsrisiko ist aufgrund der genannten Faktoren in diesem Setting erhöht. Masken schützen am besten vor Infektion, wenn alle in einem Raum befindlichen Personen, d.h. sowohl infizierte als auch exponierte Personen, FFP2-Masken korrekt tragen. So konnte eine wichtige Studie des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation unter Einbeziehung diverser konservativer Faktoren berechnen, dass bei beidseitigem Tragen von FFP2-Masken das Infektionsrisiko zwischen infizierter und exponierter Person nach 20 Minuten selbst bei üblicher Sprechdistanz (1,5 Meter) als sehr niedrig einzuschätzen ist (0,14%). Trägt allerdings nur die exponierte Person eine FFP2-Maske oder einen medizinischen MNS, steigt das Infektionsrisiko auf ~10% (FFP2) bzw. sogar 70% (MNS)[5]. Das beidseitige Tragen von (FFP2)-Masken bietet daher besseren Schutz vor Infektion als das einseitige Tragen.
Die gesonderte Behandlung des lebensnotwendigen Handels, die bis zum Inkrafttreten der 1. Novelle der 2. COVID-19-Basismaßnahmenverordnung am 01.06.2022 bestand, diente dem Schutz vulnerabler Personen. Wenn auch die zunehmende Entspannung der epidemiologischen Lage für große Teile der Bevölkerung bereits schon davor eine schrittweise Rückkehr zur Normalität durch den Wegfall der Maskenpflicht in vielen Bereichen ermöglichte, so darf nicht außer Acht gelassen werden, dass auch die momentan vorherrschenden Omikron-Subvarianten vor allem bei vulnerablen Personengruppen weiterhin zu schweren Verläufen führen und lebensbedrohlich sein können. In Bereichen, die von vulnerablen Personengruppen nicht gemieden werden können bzw. von diesen häufig frequentiert werden müssen (lebensnotwendiger Handel, Apotheken, etc.), wurde darum zu deren Schutz die Maskenpflicht zuletzt noch länger aufrechterhalten, als in Einrichtungen, die von vulnerablen Personen gemieden werden können (z. B. Diskotheken, Gastronomie). Mit Inkrafttreten der Novelle ist nun aufgrund der weiter sinkenden Fallzahlen und momentanen Stabilisierung der epidemiologischen Lage auch der lebensnotwendige Handel nicht mehr von der Maskenpflicht erfasst. Da sich die Variantenlage generell jedoch sehr dynamisch präsentiert und die weitere Variantenentwicklung schwer vorhersehbar bleibt, können, je nach Entwicklung der epidemiologischen Lage, erneute Anpassungen des Geltungsbereichs der Maskenpflicht notwendig werden.
Zusammengefasst handelt(e) es sich um eine zielgerichtete, leicht durchsetzbare und effektive Maßnahme zum Schutz besonders gefährdeter Personengruppen unter Berücksichtigung der epidemiologischen Lage und spezifischer Settings.
[1] Cheng et al. Science 2021,
https://www.science.org/doi/10.1126/sci…
[1] Bagheri et al. (2021). An upper bound on one-to-one exposure to infectious human respiratory particles. PNAS Vol 118.
https://doi.org/10.1073/pnas.2110117118
Mit freundlichen Grüßen